Pardauz!

Es mag zehn Jahre her sein, da wurde ich als Fahrradfahrer von einem Pkw angefahren. Ich war dabei, eine Kreuzung auf einem Zebrastreifen mit Ampel zu überqueren. Ich hatte grünes Licht. Aus der Gegenrichtung kommend bog der Pkw links ab in den Teil der Kreuzung, den ich gerade überquerte. Dummerweise blickte der Fahrer nach rechts, während er links abbog. Er sah den Radfahrer nicht, auf den er gerade zufuhr.

Der Fahrer wollte mit Sicherheit niemanden verletzen. Aber wenn er darauf aus gewesen wäre, mich auf die Hörner zu nehmen, so hätte er mich nicht präziser anvisieren können. Ich hatte etwa eine Sekunde bis zur Kollision. Um wenigstens etwas Kontrolle über Richtung und Impuls meines Fluges zu bewahren, sprang ich bewusst über den Lenker vom Fahrrad. Ich landete mit ausgestreckten Armen und rollte mich über die Schulter ab.

Währenddessen wurde das verbogene Wrack meines Fahrrades mit einem hässlichen Knirschen mehrere Meter über den Asphalt geschleift.

Das hätte auch ich sein können.

Ich kam durch meinen Schwung automatisch wieder auf die Füße, drehte mich um und ging den Pkw zu, der inzwischen angehalten hatte. Ich war unversehrt, aber mit der Gesamtsituation einigermaßen unzufrieden.

Warum erzähle ich euch das? Weil ich zeigen will, was für ein toller Hecht und begnadeter Kampfsportler ich bin? Weniger. Es ist ja nicht so, dass ich hier etwas verkaufen will, oder?

Nun ja. Egal.

Es geht mir jedenfalls auch um etwas anderes. Ich will es mal so formulieren: Wie oft im Leben habt ihr euch geprügelt? Und wie oft seid ihr schon hingefallen, auch ohne Fremdeinwirkung? Ich glaube, für die meisten von uns ist die Gefahr durch einen Sturz wenigstens so groß wie die Gefahr durch kriminelle Gewalt.

Viele Menschen haben große Angst davor, zu stürzen. Und mit gutem Grund. Wer nicht weiß, wie man richtig fällt, kann sich dabei fies verletzen. Das gilt erst recht auf dem harten Beton oder Asphalt moderner Straßen. Und je älter man wird, desto größer wird das Problem. Erstens wird der Gleichgewichtssinn schwächer. Zweitens brechen die Knochen schneller. Drittens heilen sie langsamer (oder gar nicht mehr).

Ich habe über Jahre und immer wieder meine Fallschule trainiert. Ich weiß, dass ich mehrere Meter weit springen und mich abrollen kann. Daher wusste ich kurz vor meinem Sprung vom Fahrrd, dass ich unverletzt aus der Sache herauskommen konnte. Ich musste nur den Sprung wagen. Mein Körper würde automatisiert das Richtige tun.

Bei dieser und einigen anderen Gelegenheiten hat meine Fallschule mich vor erheblichen Verletzungen bewahrt. Jeder sollte diese Fertigkeit haben. Wenn man sonst nichts aus dem Bereich Kampsport / Kampfkunst drauf hat, fallen sollte man können.

Und für einen Kampfsportler gibt es keine Entschuldigung. Man kann beim Sparring immer mal umfallen bzw. umgeworfen werden, selbst wenn man zum Beispiel Boxer oder Karateka ist. Danach sollte es nicht erforderlich sein, den Krankenwagen zu rufen, weil man sich mit Hand abfangen wollte und dabei das Handgelenk zerbröselt hat.

Mein Unfallgegner seinerzeit war zutiefst erschrocken. Ich gab ihm meine Visitenkarte, auf der das Wort „Rechtsanwalt“ prangte. Er wurde bleich und kaufte mir noch in derselben Stunde ein neues Fahrrad.

Ich weiß auch nicht warum.

Und noch etwas: Natürlich unterrichte ich auch Fallschule. Falls es jemanden interessiert.

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Warum ich mir die Mühe mache

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